Die Nuslehre Alexander von Aphrodisias' wird als eine erhellende, innovative und systematisierende Interpretation von Aristoteles rekonstruiert, die durch die Theorie der Integration der Potenzen die Konstitution komplexer Formen (wie der Seele) erklrt, ohne auf platonisierende Strukturen zurckzugreifen. Dafr wird einen Aktivitt und Passivitt integrierenden dynamis-Begriff herausgearbeitet, der die Entfaltung der prinzipiell unvernderlichen Form ermglicht, sodass die Komplexitt der Seele aus den Relationen zwischen deren Potenzen resultiert. Diese Theorie erreicht ihren spekulativen Hhepunkt in der Nuslehre, die den Intellekt als einen maximal integrierten, einheitlichen Ternar darstellt, dessen Strukturmomente der materielle, habituelle und wirkliche Nus sind. Diese sind weder verschiedene Vermgen noch Entwicklungsphasen, sondern die konstitutiven, sich ergnzenden Funktionen der einen Vernunft.
Die Lehre Alexanders ist relevant fr aktuelle Debatten ber Nus und sein Beitrag zur historischen Entwicklung der Idee der Vernunft originell. So erscheint Alexander als eine bereichernde Stimme, die sowohl in die spezialisierte Aristoteles-Forschung als auch in die systematische Diskussion ber Geist und Seele einzubinden ist.