WIEDER ENTDECKT

„Wie in ITALIEN ist ESSEN bei uns ESSENZIELL für unsere PERSÖNLICHKEIT“ Ich spaziere vorbei an den bunt bemalten sowjetischen Wohnblöcken von Tirana, als ich eine Einladung zum Mittagessen erhalte. Gjergj, ein Rentner, dessen Gesicht Geschichten erzählt, hatte gerade auf einer Bank unter dichten Zedern Backgammon gespielt, als er mich sah. „Ich habe Sie gefunden“, sagt er leise, und versichert mir, dass seine Frau bereits den Tisch gedeckt habe. Wenig später türmen sich würziger Bergkäse, eingelegte Gurken, Rosmarin-Lamm und Granatäpfel vor mir auf. Auch ein Jahrhundert des nationalen Traumas ändert nichts am albanischen Ehrenkodex Besa, der verlangt, dass Fremde wie Familienmitglieder aufgenommen werden. Nachdem Mussolini nur 27 Jahre nach der albanischen Unabhängigkeit nach mehr als vier Jahrhunderten unter osmanischer Herrschaft in das adriatische Nachbarland einmarschierte, wurden europäische und albanische Juden und Jüdinnen von…